Herbert Weichmann war von 1965 bis 1971 Erster Bürgermeister von Hamburg. Politisch prägten ihn der Erste Weltkrieg und der Untergang des Kaiserreiches, das Scheitern der Weimarer Republik und der Terror der NS-Diktatur. Die Nationalsozialisten verfolgten ihn wegen seiner Mitgliedschaft in der SPD und seiner jüdischen Herkunft. Im September 1933 ging er über Prag zunächst ins Pariser Exil und baute sich dort eine Existenz als Journalist auf. Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges in Frankreich als „feindlicher Ausländer“ verdächtigt, wurde er mehrfach in Lagern interniert. Er floh in den Süden des Landes und entging nur knapp der mit dem NS-Regime kollaborierenden Vichy-Regierung. Gemeinsam mit seiner Frau Elsbeth entkam er über Spanien und Portugal in die USA.
Nach dem Krieg kehrte das Ehepaar Weichmann nach Deutschland zurück und wirkte in verantwortlichen Positionen maßgeblich am demokratischen Aufbau der Bundesrepublik mit. Herbert Weichmann war unter Hamburgs Erstem Bürgermeister Max Brauer zunächst Präsident des Rechnungshofes und später Finanzsenator, bevor er schließlich selbst Regierungschef der Hansestadt wurde. Der außerparlamentarischen Opposition der 60er Jahre und dem Wandel seiner Partei in den 70er Jahren, insbesondere Willy Brandts Ostpolitik und dessen gesellschaftspolitischer Maxime „Mehr Demokratie wagen“, stand er kritisch gegenüber.
Nach einer Einführung mit kurzem biografischem Abriss durch Professor Dr. Claus-Dieter Krohn begann Susanne Wittek ihr Gespräch über Herbert Weichmann zunächst mit Professor Dr. Axel Schildt, dem Direktor der Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg. Er erläuterte die Wurzeln von Weichmanns weltanschaulichen Positionen im historischen Kontext.
Der Schauspieler Stephan Benson las aus einigen persönlichen Briefen Herbert Weichmanns. Zunächst über die Zeit im amerikanischen Exil, dieser Ausschnitt zeigte nach außen einen hilfsbereiten und positiven Herbert Weichmann. Wenn man die Biographie von Frank Weichman gelesen hat, weiß man, dass er selbst sich nicht immer so heimisch in den USA fühlte. Die weiteren Briefe illustrierten ganz besonders eindringlich die Zeit der Rückkehr Herbert Weichmanns nach Deutschland, seine Eindrücke vom zerstörten Hamburg. Hier konnte man erfahren, dass er sich von den Zerstörungen nicht niederdrücken ließ und eher mit Elan an seine neuen Aufgaben ging, Hamburg wieder mit aufzubauen.
Über die Spannungen zwischen der 68er-Bewegung und dem Ersten Bürgermeister gaben zwei damalige Studenten Auskunft: Gert Hinnerk Behlmer, der am 9. November 1967 das Transparent „Unter den Talaren der Muff von 1000 Jahren“ den ins Hamburger Audimax einziehenden Professoren vorantrug und später als Staatsrat die Geschicke der Hansestadt mitgestaltete, und Dr. Helga Kutz-Bauer, damals Vorsitzende des AStA und von 1985 bis 2003 Leiterin der Landeszentrale für politische Bildung in Hamburg. Das Gespräch, besonders auch der beiden miteinander, ließ die Vergangenheit wieder aufleben.
Susanne Wittek, Initiative Literatur, moderierte das Gespräch. Diese Veranstaltung war eine Kooperation mit der Körber-Stiftung.
Mitschnitt der Veranstaltung: